Diagnose chronische Schmerzen

Ursachen der Erkrankung, Symptome und die richtige Diagnose.

SCHMERZ UND BEWEGUNG    |    Aug. 26, 2022

Akut oder chronisch? Eine Schmerzdefinition

Akute Schmerzen haben eine wichtige Schutzfunktion: Wenn wir zum Beispiel auf eine heiße Herdplatte fassen, bewirkt der sofort einsetzende Schmerzreiz, dass wir die Hand blitzartig zurückziehen. Dies bewahrt den Körper vor einer größeren Verletzung. Ist es schon zu einer Schädigung gekommen, sorgen die Schmerzen für Schonung und eine ungestörte Heilung – weil es weh tut, die Wunde anzufassen oder den verletzten Körperteil zu bewegen.1

Wenn der Schmerz jedoch seine Warnfunktion verliert und dauerhaft anhält, spricht man von chronischem Schmerz. Er ist eine eigenständige Erkrankung. Das schmerzverarbeitende System des Körpers verändert sich derart, dass es selbst immer wieder Schmerzsignale erzeugt, auch wenn die eigentliche Ursache des Schmerzes bereits behoben wurde.2

Die Unterscheidung zwischen akutem und chronischem Schmerz ist nicht immer eindeutig. Generell gilt ein Schmerz als chronisch, wenn er seit mindestens drei Monaten anhält und/oder die normale Schmerzdauer einer Erkrankung deutlich übersteigt. In Deutschland leiden zwischen rund 16 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen, davon 3,4 Millionen mit so schwerem Verlauf, dass sie auf eine kompetente Schmerztherapie angewiesen sind.3

Wie entstehen chronische Schmerzen?

Eine Vielzahl von Erkrankungen ist für die Betroffenen mit anhalten Schmerzen verbunden, z.B. Arthrose, rheumatische Leiden, Durchblutungsstörungen oder Tumorerkrankungen4, hier ist die Ursache also meist klar. Oft beginnen chronische Schmerzen aber mit akuten Schmerzen, etwa nach einem Unfall, einer Operation oder durch eine Erkrankung in einer bestimmten Körperregion – und bleiben dann dauerhaft bestehen.4 Ein Beispiel sind chronische Rückenschmerzen. Hier kann etwa ein Bandscheibenvorfall oder ein Hexenschuss längst behoben sein, die Beschwerden halten aber weiter an. Tatsächlich sind Schmerzen des Bewegungsapparates die häufigste Quelle für das chronische Schmerzsyndrom.

Meist ist Dauerschmerz die Antwort des Körpers auf ein gestörtes Zusammenspiel von akutem Schmerz, Schonungsverhalten und psychosozialen Faktoren. Was dabei im Körper genau geschieht, ist noch nicht bis in alle Einzelheiten geklärt. Schmerzmediziner gehen aber davon aus, dass jeder Schmerzreiz im Nervensystem bleibende Veränderungen hervorrufen kann. Dadurch kann die Schmerzschwelle so niedrig werden, dass auch an sich harmlose Reize wie etwa eine leichte Bewegung oder Berührung als schmerzhaft empfunden werden. Wenn solche Schmerzen nicht oder nicht ausreichend behandelt werden, z.B. mit zu schwachen oder zu kurz wirksamen Schmerzmitteln, können die Schmerzen immer wieder auftreten. Im Gehirn bildet sich das sogenannte Schmerzgedächtnis.5

Wenn Menschen über langanhaltende Schmerzen berichten, kann es hilfreich sein, auch die Lebenssituation zu betrachten, denn Körper und Seele sind eng miteinander verwoben. Dies muss dem/der Betroffenen selbst nicht bewusst sein. Das heißt, seelische Belastungen – durch Probleme am Arbeitsplatz, in einer Beziehung o. Ä. – können eine mitunter dauerhafte Senkung der Schmerzschwelle bewirken, durch die zum Beispiel Rückenschmerzen entstehen oder sich verschlimmern. Andersherum kann ein dauerhafter Schmerz die seelische Befindlichkeit verändern und zum Beispiel zu Depressionen führen.6

Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Ihnen vertrauter Mensch unter chronischen Schmerzen leidet, sprechen Sie ihn darauf an. Denn chronische Schmerzen zu erkennen, ist der erste Schritt zu deren Linderung und zu einem erfüllteren Leben. Und zu wissen, wo die Ursache der Schmerzen liegt und wie sie den/die Patient:in beeinträchtigen, kann Ärzt:innen zur richtigen Diagnose und Therapie verhelfen. 

Chronische Schmerzen – Die Diagnose

Die richtige Diagnose und Behandlung von chronischen Schmerzen beginnt in der Regel mit einem Besuch in der hausärztlichen Praxis. Das Gespräch mit dem Arzt/der Ärztin fällt Betroffenen oft nicht leicht, denn viele können die Ursache ihrer Beschwerden nicht klar benennen und befürchten als Simulant oder psychisch erkrankt dargestellt zu werden. Außerdem ist das Schmerzempfinden individuell sehr unterschiedlich. Trotzdem ist es wichtig, dass die Betroffenen möglichst genaue Informationen liefern. Dabei können Angehörige, die den vertrauten Menschen im Alltag begleiten und beobachten, wertvolle Unterstützung leisten. Am besten versuchen Sie gemeinsam, die folgenden Fragen7 im Arztgespräch zu beantworten – machen Sie sich vor dem Praxisbesuch gern Notizen dazu, um nichts zu vergessen:

  • Wann und wie wurden die Schmerzen ausgelöst? War eine bestimmte Verletzung, eine Operation oder eine Erkrankung der Auslöser?
  • Wo am Körper treten die Schmerzen auf?
  • Wie fühlen sich die Schmerzen an? Ist es eher ein stechender, akuter oder konstanter Schmerz? Ändern sich die Schmerzen im Laufe des Tages? Wann sind sie stärker und wann schwächer?
  • Wie wirken sich die Schmerzen auf das Leben im Alltag aus? Wie groß sind die Einschränkungen? Verursachen die Schmerzen Schlafstörungen? Hindern sie daran, Freunde zu treffen und an sozialen Aktivitäten teilzunehmen?
  • Wie stark sind die Schmerzen? Dies kann schwierig zu beurteilen sein, da jeder die Intensität unterschiedlich stark wahrnimmt. Glücklicherweise verfügen Ärzt:innen über eine Reihe von Werkzeugen, mit denen sich die Schmerzstärke gut beschreiben lässt.

Aus diesen Informationen sollten Ärzt:innen Therapieansätze ableiten können. Gegebenenfalls kann er zur Weiter- oder Mitbehandlung auch eine Überweisung zu einem Facharzt/einer Fachärztin für Schmerzmedizin ausstellen.

Quellen

1 https://www.gesundheitsinformation.de/chronische-schmerzen-verstehen.html
2 https://www.schmerzmedizin.berlin/was-ist-chronischer-schmerz.html
3 https://schmerzliga.de/ewhihaje/2020/03/DSL-Imagebroschüre.pdf
4 https://www.schmerzgesellschaft.de/patienteninformationen/herausforderung-schmerz/chronische-schmerzen
5 https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/schmerzen/ursachen-von-chronischen-schmerzen.html
6 https://www.schmerzgesellschaft.de/patienteninformationen/herausforderung-schmerz/schmerz-und-psyche
7 https://www.neuromodulation.abbott/de/de/chronic-pain/living-chronic-pain/getting-right-chronic-pain-diagnosis/ht-tab/beschreiben-ihrer-schmerzen.html