Arztbesuch und Behandlung

Erfahren Sie, wie in der Arztpraxis einen Erreger schnell und zuverlässig festgestellt werden kann

Diagnostik|Nov. 28, 2024

Arztbesuch und Behandlung
Infektionen in Hals und Rachen können durch Viren oder Bakterien verursacht werden. Hier erfahren Sie, wie der Arzt/die Ärztin herausfindet, was genau die Erkrankung ausgelöst hat – und warum es für die weitere Behandlung wichtig ist, dies zu wissen.

Eine Angina, also Mandelentzündung, ist vor allem in den Wintermonaten ein häufiger Grund für Eltern, den Kinderarzt oder die kinderärztliche Notfallstation aufzusuchen. In den meisten Fällen wird eine Angina durch Viren der Atemwege wie Rhinoviren, Coronaviren und Adenoviren verursacht. Streptokokken A sind zwar der häufigste bakterielle Auslöser von Rachenentzündungen, allerdings sind Bakterien im Kindesalter insgesamt nur für 15-30 % aller Racheninfektionen verantwortlich.1,2,3

So findet der Arzt/die Ärztin heraus, was die Infektion ausgelöst hat
Zunächst erfolgt die Diagnose durch den Arzt/die Ärztin auf Basis des klinischen Bildes. Das heißt, er/sie befragt das erkrankte Kind oder die Eltern nach den Beschwerden, schaut in den Hals, tastet die Lymphknoten ab usw. So eindeutig wie bei der sogenannten Himbeerzunge im Fall von Scharlach ist die Lage allerdings nicht immer, im Gegenteil: Eine durch Viren oder Bakterien ausgelöste Erkrankung zeigt sich (zunächst) oft sehr ähnlich. Laut der Leitlinie „Halsschmerzen“4 der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. wird Ärzten und Ärztinnen deshalb unter gewissen Umständen der Einsatz von Strep A-Schnelltests empfohlen. Zwar gibt es schon seit Jahren sogenannte Lateral Flow-Schnelltests, die Mediziner:innen beim Verdacht auf eine Streptokokken-Angina anwenden können, doch die sind nur bedingt zuverlässig. Diese Situation hat sich vor wenigen Jahren geändert: Seitdem gibt es ein vom Gesundheitsunternehmen Abbott entwickeltes, sogenanntes molekulares Testverfahren auf verschiedene Krankheitserreger. Das Testgerät ist gewissermaßen ein Mini-Labor, es heißt ID NOWTM und arbeitet so sicher wie ein echtes medizinisches Fachlabor. Der Vorteil von ID NOW: Die Ergebnisse liegen viel schneller vor. Für den Test nehmen Arzt oder Ärztin aus dem Rachen des erkrankten Kindes einen Abstrich, geben diesen in ein vorgefertigtes Testkit für Strep A – und nach nur wenigen Minuten zeigt das Mini-Labor an, ob Strep A wirklich Auslöser der Erkrankung ist.

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Nach dem Labortest – So geht es jetzt weiter
Weil das Testergebnis bereits vorliegt, während das Kind mit seinen Eltern noch in der Praxis ist, können Arzt oder Ärztin mit den Eltern direkt das weitere Vorgehen besprechen. Grundsätzlich sind diese zwei unterschiedlichen Szenarien denkbar:

  1. Der ID NOW Test ergibt, dass sich das Kind mit Strep A, also einem bakteriellen Erreger, angesteckt hat.
    Jetzt sind diese Vorgehensweisen denkbar: Zeigt das Kind eine schwerwiegende Symptomatik, inklusive hohem Fieber, das möglicherweise bereits seit Tagen anhält, kann ein spezifisches Antibiotikum zur Behandlung einer Strep A-Infektion die Option der Wahl sein. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen trotz einer bakteriellen Infektion eine Antibiotikagabe nicht zwingend erforderlich ist (siehe „Verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika“ unten).
  2. Der ID NOW Test ergibt, dass KEINE bakterielle Infektion mit Strep A vorliegt.
    In diesem Fall wird der Arzt/die Ärztin die Eltern in den meisten Fällen dahingehend beruhigen, dass selbst ein mehrtägiges, recht hohes Fieber für eine virale Infektion durchaus normal sein kann und nicht immer ein Grund zur übermäßigen Sorge ist.
    In diesen Fällen können unter anderem die unten aufgeführten Hausmittel zur Linderung der Beschwerden beitragen.
    Sollte sich der Zustand des Kindes verschlechtern, werden Mediziner:innen selbstverständlich entsprechende Maßnahmen veranlassen. Um mehr Klarheit über den Auslöser der Erkrankung zu erhalten, können Sie zum Beispiel mit dem ID NOW auch auf Influenza A und B, RSV oder SARS-CoV-2 testen.

Verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika – Darum geht es
Nicht bei jeder bakteriellen Infektion ist die Einnahme eines Antibiotikums erforderlich. Ärzt:innen sind angehalten, wenn es aus ihrer Sicht verantwortbar ist, der sogenannten watch-and-wait-Strategie gemäß den Leitlinien der Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektionologie5 zu folgen: Das heißt, wenn ein Kind, abgesehen von seiner akuten Erkrankung, in guter körperlicher Verfassung ist und keine weiteren Grunderkrankungen aufweist, kann die Verordnung des Antibiotikums hinausgezögert werden – mit gleich mehreren Zielen:

  • Ist das Kind in der Lage, den Erreger aus eigener Kraft zu besiegen, lernt sein Immunsystem daraus und ist vor einer neuerlichen Infektion besser gewappnet.
  • Wie jedes andere Medikament können auch Antibiotika Nebenwirkungen haben, folglich sollte die Verordnung/Einnahme nur erfolgen, wenn klinische Gründe dafürsprechen.
  • Ein zurückhaltender, gleichwohl verantwortbarer Nicht-Einsatz von Antibiotika trägt zudem dazu bei, dass sich weniger Erreger-Resistenzen gegen diese wichtige Arzneimittelgruppe bilden und damit deren Wirksamkeit für uns alle erhalten bleibt.

Klar ist aber immer: Die Entscheidung für oder gegen ein Antibiotikum wird vom Arzt/von der Ärztin getroffen.

Hausmittel bei Halsweh
Es gibt auch bewährte Hausmittel, die Linderung verschaffen können.

  • Lauwarmes Salzwasser reinigt die Schleimhaut und kann antibakteriell wirken. Tipp: ½-1 Teelöffel Salz aus der Apotheke in ca. 200 ml Wasser rühren und 5-6-mal am Tag gurgeln.
  • Das Lutschen von Hals- oder Hustenbonbons regt die Speichelproduktion an, die Rachenschleimhaut wird befeuchtet und die körpereigenen Abwehrzellen im Speichel bekämpfen die Erreger.
  • Kamille-, Fenchel- oder Salbeitee lindern Halsschmerzen. Tipp: mit Honig süßen, denn dieser wirkt entzündungshemmend. Damit der Honig seine heilenden Eigenschaften behält, Tee vor dem Einrühren auf ca. 40° Celsius abkühlen lassen.
  • Auch wenn das Schlucken schwerfällt, sollte Ihr Kind genug trinken, am besten etwas Warmes. Das befeuchtet und durchblutet die Rachenschleimhaut und der Körper kann die Erreger im Sekret leichter abtransportieren.

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Wann darf mein Kind wieder zur Schule/in den Kindergarten gehen
Sobald ein Kind wieder fieberfrei ist und es sein Allgemeinzustand erlaubt, kann es wieder die Schule oder den Kindergarten besuchen. Wurde eine bakterielle Mandelentzündung nachgewiesen, sind Kinder 24 Stunden nach Beginn einer wirksamen Antibiotikatherapie nicht mehr ansteckend und können wieder in den Kindergarten/zur Schule gehen. Ohne Antibiotikatherapie sollten Kinder bis zum Abklingen aller Symptome zuhause bleiben, da bis dahin von einer Ansteckungsfähigkeit auszugehen ist.

 

Quellen:
1https://www.paediatrieschweiz.ch/streptokokkenangina-im-kindesalter-behandeln-oder-nicht-behandeln/
2Bisno AL. Acute pharyngitis. The New England journal of medicine. 2001;344(3):205-11.
3https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/tonsillitis
4https://register.awmf.org/assets/guidelines/053-010l-S3_Halsschmerzen_2021-12.pdf
5ATB-VO-ambulant_bvkj-Sonderheft2021.pdf (dgpi.de)